Donnerstag, 29. Juli 2010
Bedeutungsvariationen eines deutschen Wortes
"Die Ärzte müssten auch ihren Sparbeitrag leisten", meint die Politik mal wieder. Auch andere würden ja sparen.

Das bringt mich dazu mal darüber nachzudenken, was dieses schöne Wort "Sparbeitrag" alles bedeuten kann:

1. für die Versicherten - mehr zahlen
2. für die Patienten - noch mehr zahlen
3. für die Kassen - Ärzte noch mehr kontrollieren und mit noch mehr Anfragen und Regressen belästigen, und den Patienten noch weniger bewilligen
4. für die Ärzte - noch weniger bekommen, ggf. draufzahlen und viel mehr Bürokratie
5. für den KH-Chef - Personal entlassen
6. für den Apotheker - mehr Verwaltungsarbeit, weniger Einnahmen
7. für die Pharmaindustrie - wieder neue Gewinnpläne aufstellen und noch mehr Juristen und Kaufleute für die Vertragsabteilungen einstellen
8. für die sonstige medizinische Industrie - "Ärzteberater" einstellen (wurden gerade bei der Pharmaindustrie frei)
9. für Opposition, Gewerkschaften, Sozialverbände und Kirchen - noch lauter das Wohl und Weh der Armen beklagen.
10. für die Politik - noch mehr aufwändige und langdauernde Beratungen - und mehr Sitzungsgelder.

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Ärzte an die Front
Über Jahrzehnte waren Ärzte in Deutschland "nur" für die Versorgung der Kranken zuständig, ambulant, stationär oder als Amtsarzt. Die Organisation der Behandlung, der Struktur, der Finanzierung, und des Umfangs haben andere entschieden: Politiker, Kassenangestellte, Soziologen, Betriebswirte, Beamte u.v.m. Nur sehr vereinzelt (z.B. Frau Staatssekretärin Dr.med. Bergmann-Pohl, Pneumologin und vormalig Oberärztin in der Charité als Alibi-Quoten-Ossi-Frau im Kohl'schen Nachwende-Gesundheitsministerium) gab es oberhalb der kommunalen Ebene Ärzte in der Politik. In der Spitze der Kassen gab es meines Wissens niemals Ärzte, bei Behörden (abgesehen von Gesundheitsämtern) auch nicht.

Aber auf einmal sind sie da. In den Landtagen sind inzwischen etliche Ärzte vertreten und mit Rösler steht sogar ein Arzt an der Spitze. Nun ist sogar ein Arzt, Herr Dr.Jens Christian Baas, in den Vorstand der Techniker Krankenkasse (TKK) eingezogen.

Das lässt hoffen. Das ist sicher besser, als wenn total Fachfremde (wie bisher) über Wohl und Weh des Gesundheitswesens entscheiden. Nur mit dem "von-der-Pieke-auf" hat das noch nix zu tun. Jeder Mensch - auch ein Arzt - sieht die Welt durch die Brille seiner persönlichen Erfahrungen und Lebensansichten: Frau Dr.Bergmann-Pohl durch die Brille der hochspezialisierten Uni-Oberärztin, Minister Rösler durch die des ehemaligen Bundeswehr-Arztes und Herz-Thorax-Gefäßchirurgen und Herr Dr.Baas durch die des Unternehmensberaters. Wann kommt endlich ein erfahrener Allgemeinarzt?

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Mittwoch, 28. Juli 2010
Fast food verbieten? Und Duisburg?
Die deutsche Presse hat ihr diesjähriges Sommerloch-Thema: Fast food sollte verboten werden. Die Diskussionen kochen über, die Meinungen und Stellungnahmen schwappen hoch: von "ja, unbedingt" bis "was bilden sich die eigentlich ein" und "haben wohl sonst nix zu tun".

Doch die Forderung und die Reaktionen zeigen noch etwas ganz anderes. Es geht ein tiefer Riß durch das Staatsverständnis der Bundesbürger (und beide Seiten fordern die Alleingültigkeit):

- die einen unterstellen dem einzelnen Bürger eine grundlegende Unfähigkeit in der heutigen Zeit selbstbestimmt zu leben. Daher müsse der Staat - per Vorschriften, Gesetze und der entsprechenden Durchsetzung - seine Bürger "schützen", tatsächlich eher wie Marionetten steuern. Was hier herauskommen kann sieht man erschreckend in Duisburg!

- die anderen unterstellen dem Staat grundsätzliche Unfähigkeit, den größten Teil seiner selbst übernommenen Aufgaben und Verantwortungen auch im Sinne und zum Wohl des einzelnen Bürgers zu erfüllen. Sie fordern daher eine Zurücknahme und Reduzierung staatlicher Verantwortungsbereiche und Rückübertragung auf den Bürger.

Aber wo ist hier die Grenze? Ist der Fast-food-Hype oder die Kathastrophe von Duisburg ein Fehler der bürokratischen Allmachtsphantasien oder der gelebten Verantwortungsunfähigkeit seiner Bürger?

Ich weiß es nicht. Ich erkenne nur mit Schrecken, dass wir immer mehr zu Lemmingen werden, die blind hinter ihren Führern herlaufen und - im schlimmsten Fall - auch über die Klippe springen.

Aber woher sollen denn die "sehenden" Führer kommen ??? Der frühere König war "von Gott gesandt". Die heutigen Politiker hätten das zwar gerne, ich habe bei manchen da aber so meine Zweifel über die Richtung, aus der er "gesandt" sein will.

Und die Bürokraten? Sie setzen die Gesetze - also juristische Texte - um. Sind sie Juristen? Sprechen sie "juristisch"? Wieso glauben sie dann, sie seien die Alles-Versteher, Alles-Könner, Alles-Kontrollierer?

Besprechung mit Käffchen!

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Dienstag, 20. Juli 2010
GKV = Gesetzliche Kranken-Verwaltung
Wie das Deutsche Ärzteblatt (das offizielle Organ der Deutschen Ärzteschaft) in seiner letzte Ausgabe (28-29/2010) in einem Artikel über eine Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) verlautet, fallen in der GKV jährlich pro Versichertem durchschnittlich 150.-€ Verwaltungsgebühren an.

Das entspricht annähernd dem hausärztlichen Honorar (~ 40.- bis 45.-€/Quartal pro Patient) für diese Zeit. Mit diesem Honorar werden allerdings ca. 80% aller in Deutschland anfallenden Krankheiten behandelt.

Berechnet auf die Patienten (für die das Ganze ja gedacht ist), sind das in etwa (das Verhältnis Gesunde zu Kranken liegt bei 2:1) sogar 450.-€uro pro Patient!

Schon interessant, wenn man die Zahlen nicht in nebulösen Schwabbel-di-bab-illionen, sondern in für normale Menschen überschaubaren Größenordnungen betrachtet!

Kein Wunder, dass in der GKV immer mehr verwaltet und immer weniger geheilt wird!

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Dienstag, 13. Juli 2010
Es schlaumeiert
Episode aus dem täglichen Leben eines Hausarztes:

Pat. hatte Herzklappen-OP. Die liegt lange zurück, inzwischen auch Reha. Hier Entlassungangabe: Pat. ab 16.7. endlich wieder voll arbeitsfähig.

Da er einen körperlich schweren Beruf hat und nach der langen Ruhezeit habe ich ihm eine "stufenweise Wiedereingliederung" empfohlen, erst mal 2 Std, dann 4 Std. dann 6.

Kommt jetzt gestern zu mir (ich dachte, der ist schon bei 4 Std!) und meint: 2 Std. gäb's in der Fa. nicht und 4 Std., ja die hätten jetzt erst mal Betriebsruhe und "wir könnten dann so ab Ende August 4 Std. machen".

Ha, ha!

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Donnerstag, 8. Juli 2010
Was ist ein Politikerversprechen wert
Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.

Dies ist der AMTSEID, den der/die BundeskanzlerIn und die BundesministerInnen lt.§ 64 GG vor den Mitgliedern des Deutschen Bundestages leisten. Aber offensichtlich ist er genausowenig wert, wie der zuvor vereinbarte Koalitionsvertrag, nämlich nichts.

Wer die vollmundigen und sicher richtungsweisenden Aussagen über das Gesundheitswesen, seine Bedeutung für Gegenwart und Zukunft, seine Wirtschaftskraft und seine Wichtigkeit für den Arbeitsmarkt noch in Erinnerung hat und wer jetzt die Umsetzung sieht (wieder nur Beitragssteigerung und Leistungskürzung), der fragt sich wirklich:

IN WELCHER BANANENREPUBLIK LEBEN WIR HIER EIGENTLICH UND WIE LANGE LASSEN WIR UNS NOCH VERARSCHEN?

W.Churchill:"Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient"

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Mittwoch, 7. Juli 2010
§§§ Wir haben zuviele Ärzte §§§
Der folgende Kommentar steht heute in der Ärztezeitung:

Kein Konzept gegen Ärztemangel
(Von Christoph Fuhr)

Der Ärztemangel ist längst in der Mitte Deutschlands angekommen
(Anm.: der Kommentar bezieht sich auf einen Originalartikel über die Situation in einer Kleinstadt in Nordhessen), die Konsequenzen sind fatal: Bei Niedergelassenen wächst der Frust, weil Kollegen fehlen und ihnen die Arbeit über den Kopf wächst. Patienten klagen, weil sie immer längere Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen, die vor allem im Alter zu einer immensen Belastung werden. Kommunalpolitiker sind frustriert, weil auch bei bester Infrastruktur kein Arzt zu bewegen ist, sich in ihrem Ort niederzulassen. Und der KV sind wegen einer völlig veralteten Bedarfsplanung die Hände gebunden.

Damit nicht genug: Die Perspektiven für junge Ärzte sind unattraktiv. Die Honorarsituation ist unbefriedigend, die bürokratische Belastung nimmt zu, Politiker wirken orientierungslos und vollkommen überfordert.

Es ist ja nicht so, dass niemand über Problemlösungen mit Blick auf den Ärztemangel nachdenken würde. Überall im Land wird analysiert, werden Pläne gemacht, wird versucht, kleine und große Hebel in Bewegung zu setzen. Doch ein auch nur im Ansatz tragfähiges Gesamtkonzept ist nicht zu erkennen.

Niemand scheint derzeit in der Lage, das hochkomplexe Problem Ärztemangel auch nur halbwegs befriedigend lösen zu können. Das kann fatale Folgen haben!


Nun gäbe es da eine ganz einfache Lösung: erhöht die ärztlichen Honorare und macht eine Gesundheitsreform, die wirklich eine ist, nicht nur wieder eine Kürzungsorgie!

Aber weit gefehlt: Rösler kappt jetzt sogar die Honorare bei den Hausarztverträgen (hat die Politik noch vor kurzem gezielt favorisiert!). Damit sollen - neben den "Einsparungen" (= Kürzungen) im ambulanten Bereich in Höhe von 350 Mio €uro - selektiv im hausärztlichen Bereich noch weitere 500 Mio €uro "eingespart" werden! Da kennt einer die alte Weißheit nicht "mit Speck fängt man Mäuse"!

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Freitag, 2. Juli 2010
Leichenschau soll Behördenjob werden
Leichenschau soll zukünftig - nach Vorschlag der Justizministerkonferenz - nicht mehr von niedergelassenen Ärzten, sondern in erster Linie von Gesundheitsämtern und deren Ärzten duchgeführt werden.

Grundsätzlich haben wohl wenige niedergelassene Ärzte etwas dagegen, wenn diese unterbezahlte Pflichtarbeit wegfällt.

Andererseits ist kaum anzunehmen, dass die "Leichenschau vom Amt" zu den heutigen Dumpingpreisen durchgeführt wird. Es wird also teurer - und dafür würden es die Niedergelassenen dann auch wieder gerne machen.

Obendrein muss im Totenschein ja auch die Todesursache und die zugrundeliegenden Krankheiten angegeben werden. Die Beantwortung dieser Fragen darf dann der Hausarzt - als "Zeugenaussage" (wie die ganzen übrigen Behördenanfragen) - wieder zu noch niedrigeren Dumpingpreisen machen, oder?

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