Freitag, 18. Februar 2011
Grüne läuten neue Polemik-Runde ein
Ganz kleine Notiz am Zeitungsrand "Grüne wollen Auskunft zur GOÄ". Nun, das ist ihr gutes Recht. Auch Grüne dürfen Zeitung lesen. Ach so - Politiker beziehen ihrer "Auskunft" ja im Parlament von den entsprechenden Ministerien (die sind zur "Wahrheit" verpflichtet!). Und das heißt dann "parlamentarische Anfrage".

Ein Schelm, der Böses dabei denkt, wenn die Grünen nun beantwortet haben wollen "wie sich die Pro-Kopf-Ausgaben der Privaten Krankenkassen [Anm.: die gibts gar nicht, die heißen nämlich "Versicherungen"] im Vergleich zu den gesetzlichen Kassen entwickelt haben".

Auf den ersten Blick eine ganz harmlose, unverfängliche Frage. Nur, warum wollen die Grünen das wissen? Warum wollen sie einen parlamentarischen Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen? Die GOÄ ist für Privatpatienten, der EBM für Kassenpatienten.

Hintergrund: Die derzeit gültige GOÄ wurde 1996 in Kraft gesetzt, in Wirklichkeit aber damals - in Hinblick auf eine überfällige grundlegende Reformierung und Aktualisierung - nur von der alten von 1974 fortgeschrieben und seither nicht mehr verändert. Viele Leistungen, die heute angeboten werden, gab es damals noch nicht und die Honorierung erfolgt jetzt "analog" zu anderen Leistungen, aber alte Leistungen sind z.T. überbewertet (nach den Betriebskosten von 1990), neue z.T. total unterbewertet, weil ein heutiges Gerät zwar besser, aber auch um ein vielfaches teurer ist (Ein Golf VI kostet heute ja auch mehr als der Ur-Golf von 1974)! Deshalb soll nun endlich - nach bald 40 Jahren (!) - eine wirklich neue GOÄ kommen.

Die GOÄ ist zwar - ähnlich der Gebührenordnung für Rechtsanwälte (stammt von 2004) oder für Steuerberater (zuletzt geändert 2008) - eine simple vom Staat verfügte Preisliste. Aber mit seinen Beamten, die ja privat versichert sind, hängen die Staatsausgaben ganz gewaltig an der GOÄ. Wie bei allen Veränderungen versucht dabei jede Seite, dass ihre Belange "besonders positiv" berücksichtigt werden. Nur hier ist es halt so, dass sich der Kunde mittels seiner Gesetzgebungsgewalt seine Preise selbst macht. Und die privaten Krankenversicherer wollen natürlich die schönen Versicherungsbeiträge auch viel lieber als "Gewinne" und "Dividenden" einstreichen, als an die Ärzte auszahlen - die Prämien sind selbstverständlich - entsprechend der allgemeinen Preisentwicklung - gestiegen.

Warum gibt es eigentlich zwei unterschiedliche Gebührenordnungen, die GOÄ (Gebührenordnung Ärzte) für Privatpatienten und den EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) für Kassenpatienten?

Anfangs hieß es nur, in der GOÄ sind alle möglichen Leistungen aufgeführt, im EBM dagegen nur die "wirtschaftlichen", effektiven", die für die Kassenpatienten. Aber schon nach kurzer Zeit hat der Staat mit seiner gesetzgeberischen Macht erzwungen, dass die Ärzte den Kassenpatienten "aus Sozialgründen" einen Rabatt gewähren müssen (so, wie sie es inzwischen auch den Pharmafirmen und den Apothekern auf's Auge gedrückt haben - immer aus Gründen der angeblich mangelnden "Finanzierbarkeit", in Wirklichkeit des mangelnden Finanzierungswillens).

Und da wird natürlich die andere Seite begehrlich. Warum - und das sagt vor allem der Staat für sich selbst - sollen Privatpatienten mehr bezahlen als Kassenpatienten. Dass heute die Kassenmedizin überhaupt nur noch durch die Quersubvention der Privatpatienten (und der IGeL-Leistungen) bestehen kann, intressiert diese Schlaumeier natürlich nicht:
Geiz ist geil, ganz egal, ob dabei das System kaputt geht.

Warum aber "neue Polemik-Runde"? Anfangs der 90er Jahre hat der damalige gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Herr Müntefering (ja, der spätere Bundeskanzler), die parlamentarische Anfrage gestellt: "Wie verhalten sich die Einkünfte der deutschen Kassenärzte im Verhältnis zum Durchschnittsgehalt der deutschen Bürger"! Und eine Fr.Dr.Bergmann-Pohl, als Quoten-Ossi parlametarische Staatssekretärin im Seehoferschen Gesundheitsministerium im Kabinett Kohl hat aus ihrer damaligen Ossi-Naivität heraus - richtig - geantwortet "4 zu 1". Am nächsten Tag titelte die gesamte deutsche Journaille: "Ärzte verdienen vier mal soviel, wie der deutsche Bundesbürger". Kein Wort, dass Praxis-Umsatz nicht gleich Brutto-Verdienst ist. Das war dann aber der Auftakt zu einer beispiellosen Hetzkampagne gegen Arzthonorare und der "moralische" Hintergrund für die ständig mehr beschränkten Arztho(h)norare.

Und jetzt soll also wieder das Gesundheitsministerium auf - hopp - Kommando antworten "doppelt so hoch". Und eine scheinheilig empörte Grünenfraktion wird - selbstverständlich unter Verweis auf den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes - fordern, dass die GOÄ-Honorare dem EBM angepasst werden.

Ja glaubt ihr wirklich, dass ihr dafür noch Ärzte findet? Da laufen dann ja sogar die tschechischen, weißrussischen und bulgarischen Ärzte noch weg!

Die Politik hat gelobt "Schaden vom Deutschen Volk abzuwenden"! Hier wird durch rücksichtslose Lobbypolitik dem deutschen Volk vorsätzlich geschadet. Die Brüder gehören alle vor Gericht!!!!!

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