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Freitag, 4. September 2009
Kap.1: Grundlagen
der landarsch, 13:59h
Schon im Altertum war klar, dass es zum Funktionieren eines Gemeinwesen einheitlicher Regeln (Gesetze) bedarf und dass die Überwachung dieser Regeln Sache der Organe diese Gemeinwesens ist. Damit war die Rechtssprechung und die Polizeigewalt als die erste Aufgabe des Staates (gegen die "Feinde von innen") erkannt.
Als zweites musste der Staat seine Bürger auch gegen "Feinde von außen" schützen. Damit war das Militär als weiter Aufgabe des Staates definiert.
Bis zur Definition weiterer - staatlicher - Aufgaben vergingen dann nahezu 2 Tausend Jahre: Erst in der Renaissance erkannte man, dass auch die Versorgungssicherheit (nicht die Versorgung der Bürger selbst, z.B. durch den Handel) eine staatliche Pflicht ist und man fing an Straßen und Häfen zu bauen (die Straßen der alten Römer waren eher Militärstraßen!).
Zweihundert Jahre später entdeckte man auch die Nachrichtenweitergabe als staatstragenden Faktor (wer über schnelle und sichere Kommunikationswege verfügte, konnte nicht nur militärisch schneller reagieren, sondern auch andere Bereiche schneller und damit sicherer und effektiver steuern).
Im 19.Jahrhundert wurden dann vier weitere Bereiche (das Bildungssystem = Schule), die Verlässlichkeit des Privatbesitz-Rechts (Notariate) und das Gesundheitswesen als staatsrelevant erkannt.
Die allgemein-relevanten Bereiche (Recht und Gesetz, Militär, Verwaltung, Post- und Bildungswesen) nahm der Staat unter die eigenen Fittiche und übertrug diese Aufgaben den "Beamten", Menschen, die mit allem Nötigen versorgt ("alimentiert") werden, um wirtschaftlich unabhängig, und damit nicht in ihre beruflichen Verantwortung erpressbar zu sein.
Die andere Bereiche, die zwar staatsrelevant, aber mehr dem persönlich-privaten Bereich zuzurechnen waren (Notare für das private Vertragswesen oder Ärzte für die Gesundheitsversorgung) wurden zu "Professionen" ernannt. Diese Wort bedeutet "im (staatlichen) Auftrag handeln", also eine Aufgabe für den Staat, das Gemeinwohl, übernehmen. (Der heutige umgangssprachliche Begriff "professionell" bedeutet eigentlich "so gut und verantwortungsbewußt, als würde mann in staatlichem/hoheitlichem Auftrag handeln")
Damit ist klar, dass der (Kassen-)Arzt nicht nur dem Patienten dient, sondern auch dem Staat, und nichts tun darf, was den Staat unangemessen schädigt oder belastet: Daraus leitet sich z.B. die Wirtschaftlichketisverpflichtung des SGB V ab. Daraus wird aber auch klar, dass der Arzt als Fachmann/Gutachter/Richter entscheiden muß, was dem Patienten zuzumuten ist und was der Staat (an Kosten, Arbeitsausfall o.ä.) tolerieren muss.
Solange die staatlichen Einnahmen schneller wuchsen, als die Ausgaben im Gesundheitswesen steigen konnten (bis Mitte der 60er Jahre), war das denn auch kein Thema. Aber seit 1969 wurde der Politik bewußt, dass das nicht mehr lange funktioniert und bereits 1974 wurde das erste "Spargesetz" für das Gesundheitswesen erlassen.
Seither hat der Staat in über 140 Spargesetzen versucht, die Ärzte dazu zu bringen/zwingen, die Entscheidungsgrenze, was das Gemeinwohl gegenüber dem Einzelnen tragen muss, zu senken.
Klartext: Der Arzt ist zwar der Fachmann und der Arzt ist auch verantwortlich, aber der Staat schreibt im - per (strafbewehrtem) Gesetz - immer stärker vor, dass er das nicht darf. Natürlich kann der Staat nicht in den Einzelfall eingreifen, also sagen, dieses oder jenes Medikament darf nicht verschrieben werden, oder diese oder jene Untersuchung darf nicht so häufig gemacht werden, weil sie zu teuer ist (Dann wäre ja alles einfach). Aber das tut er ja nicht, da wäre er ja - juristisch - angreifbar. Nein, er sagt, die Gesamtkosten, bzw. die Gesamtzahl einer bestimmten Untersuchung eines Arztes dürfen eine bestimmte Gesamtmenge nicht überschreiten - und wie sich der Arzt das Geld oder die Untersuchungen dann einteilt, das ist seine Sache.
Der einzelne Patient hingegen hat aus dem SGB V einen Rechtsanspruch dem Arzt gegenüber, dass alles, was "notwendig, zweckmäßig, ausreichend ist und dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht" für ihn eingesetzt wird. Würde dies aber in letzter Konsequenz wirklich umgesetzt werden, wäre das Gesundheitswesen nicht finanzierbar: die Kosten lägen beim Dreifachen des heutigen und die Arbeitsausfallzeiten wären so hoch, dass die Wirtschaft zusammenbrechen würde!
Dass dies für die Politiker ein unlösbares Problem darstellt - zumindest in der heutigen Form der Gesundheitsgesetzgebung - ist offensichtlich. Aber über nahezu 30 Jahre hat sich die deutsche Politik diesem Problem verschlossen, versucht, die Verantwortung auf die Ärzteschaft abzuwälzen und alle Hinweise und Lösungsvorschläge von ärztlicher Seite als "nicht gesetzeskonform" bis als "unsozial" abgetan, ohne jemals die geringsten eigenen Ideen zu entwickeln.
Natürlich ist es klar: die Gesundheit (und damit auch die Zukunft) des einzelnen Menschen ist diesem alles wert, besonders dann, wenn es die Anderen bezahlen müssen. Und das bedeutet: unbegrenzte/unbegrenzbare Kosten. Solange die Politik aber der Doktrin anhängt, dass jedem Bürger "alles" zu Verfügung gestellt werden muss und alles andere gegen den Sozialstaatsgedanken verstoßen würde, dafür aber nicht ausreichend Geld vorhanden ist (was es nie sein kann), dann existier hier ein Dilemma.
Dieses Problem kann auch nicht dadurch gelöst werden, dass man gebetsmühlenartig von "Einsparmöglichkeiten", "Rationalisierungsreserven" oder "Kommunikationsdefiziten" faselt. Das - wäre da heute tatsächlich noch was zu holen - würde das Problem allenfalls verschieben. Wenn die Politiker dann sagen, das geht uns jetzt nix an, das sollen unsere Nachfolger machen, dann ist das im höchsten Grad verantwortungslos und verwerflich!
Als zweites musste der Staat seine Bürger auch gegen "Feinde von außen" schützen. Damit war das Militär als weiter Aufgabe des Staates definiert.
Bis zur Definition weiterer - staatlicher - Aufgaben vergingen dann nahezu 2 Tausend Jahre: Erst in der Renaissance erkannte man, dass auch die Versorgungssicherheit (nicht die Versorgung der Bürger selbst, z.B. durch den Handel) eine staatliche Pflicht ist und man fing an Straßen und Häfen zu bauen (die Straßen der alten Römer waren eher Militärstraßen!).
Zweihundert Jahre später entdeckte man auch die Nachrichtenweitergabe als staatstragenden Faktor (wer über schnelle und sichere Kommunikationswege verfügte, konnte nicht nur militärisch schneller reagieren, sondern auch andere Bereiche schneller und damit sicherer und effektiver steuern).
Im 19.Jahrhundert wurden dann vier weitere Bereiche (das Bildungssystem = Schule), die Verlässlichkeit des Privatbesitz-Rechts (Notariate) und das Gesundheitswesen als staatsrelevant erkannt.
Die allgemein-relevanten Bereiche (Recht und Gesetz, Militär, Verwaltung, Post- und Bildungswesen) nahm der Staat unter die eigenen Fittiche und übertrug diese Aufgaben den "Beamten", Menschen, die mit allem Nötigen versorgt ("alimentiert") werden, um wirtschaftlich unabhängig, und damit nicht in ihre beruflichen Verantwortung erpressbar zu sein.
Die andere Bereiche, die zwar staatsrelevant, aber mehr dem persönlich-privaten Bereich zuzurechnen waren (Notare für das private Vertragswesen oder Ärzte für die Gesundheitsversorgung) wurden zu "Professionen" ernannt. Diese Wort bedeutet "im (staatlichen) Auftrag handeln", also eine Aufgabe für den Staat, das Gemeinwohl, übernehmen. (Der heutige umgangssprachliche Begriff "professionell" bedeutet eigentlich "so gut und verantwortungsbewußt, als würde mann in staatlichem/hoheitlichem Auftrag handeln")
Damit ist klar, dass der (Kassen-)Arzt nicht nur dem Patienten dient, sondern auch dem Staat, und nichts tun darf, was den Staat unangemessen schädigt oder belastet: Daraus leitet sich z.B. die Wirtschaftlichketisverpflichtung des SGB V ab. Daraus wird aber auch klar, dass der Arzt als Fachmann/Gutachter/Richter entscheiden muß, was dem Patienten zuzumuten ist und was der Staat (an Kosten, Arbeitsausfall o.ä.) tolerieren muss.
Solange die staatlichen Einnahmen schneller wuchsen, als die Ausgaben im Gesundheitswesen steigen konnten (bis Mitte der 60er Jahre), war das denn auch kein Thema. Aber seit 1969 wurde der Politik bewußt, dass das nicht mehr lange funktioniert und bereits 1974 wurde das erste "Spargesetz" für das Gesundheitswesen erlassen.
Seither hat der Staat in über 140 Spargesetzen versucht, die Ärzte dazu zu bringen/zwingen, die Entscheidungsgrenze, was das Gemeinwohl gegenüber dem Einzelnen tragen muss, zu senken.
Klartext: Der Arzt ist zwar der Fachmann und der Arzt ist auch verantwortlich, aber der Staat schreibt im - per (strafbewehrtem) Gesetz - immer stärker vor, dass er das nicht darf. Natürlich kann der Staat nicht in den Einzelfall eingreifen, also sagen, dieses oder jenes Medikament darf nicht verschrieben werden, oder diese oder jene Untersuchung darf nicht so häufig gemacht werden, weil sie zu teuer ist (Dann wäre ja alles einfach). Aber das tut er ja nicht, da wäre er ja - juristisch - angreifbar. Nein, er sagt, die Gesamtkosten, bzw. die Gesamtzahl einer bestimmten Untersuchung eines Arztes dürfen eine bestimmte Gesamtmenge nicht überschreiten - und wie sich der Arzt das Geld oder die Untersuchungen dann einteilt, das ist seine Sache.
Der einzelne Patient hingegen hat aus dem SGB V einen Rechtsanspruch dem Arzt gegenüber, dass alles, was "notwendig, zweckmäßig, ausreichend ist und dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht" für ihn eingesetzt wird. Würde dies aber in letzter Konsequenz wirklich umgesetzt werden, wäre das Gesundheitswesen nicht finanzierbar: die Kosten lägen beim Dreifachen des heutigen und die Arbeitsausfallzeiten wären so hoch, dass die Wirtschaft zusammenbrechen würde!
Dass dies für die Politiker ein unlösbares Problem darstellt - zumindest in der heutigen Form der Gesundheitsgesetzgebung - ist offensichtlich. Aber über nahezu 30 Jahre hat sich die deutsche Politik diesem Problem verschlossen, versucht, die Verantwortung auf die Ärzteschaft abzuwälzen und alle Hinweise und Lösungsvorschläge von ärztlicher Seite als "nicht gesetzeskonform" bis als "unsozial" abgetan, ohne jemals die geringsten eigenen Ideen zu entwickeln.
Natürlich ist es klar: die Gesundheit (und damit auch die Zukunft) des einzelnen Menschen ist diesem alles wert, besonders dann, wenn es die Anderen bezahlen müssen. Und das bedeutet: unbegrenzte/unbegrenzbare Kosten. Solange die Politik aber der Doktrin anhängt, dass jedem Bürger "alles" zu Verfügung gestellt werden muss und alles andere gegen den Sozialstaatsgedanken verstoßen würde, dafür aber nicht ausreichend Geld vorhanden ist (was es nie sein kann), dann existier hier ein Dilemma.
Dieses Problem kann auch nicht dadurch gelöst werden, dass man gebetsmühlenartig von "Einsparmöglichkeiten", "Rationalisierungsreserven" oder "Kommunikationsdefiziten" faselt. Das - wäre da heute tatsächlich noch was zu holen - würde das Problem allenfalls verschieben. Wenn die Politiker dann sagen, das geht uns jetzt nix an, das sollen unsere Nachfolger machen, dann ist das im höchsten Grad verantwortungslos und verwerflich!
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Unser Gesundheitssystem
der landarsch, 09:38h
Nachdem ich aus Kommentaren auf dieser Seite und auf manch anderen Blogs ein fundamentales Unverständnis über unser Gesundheitssystem erkennen muss (das ist keineswegs als Vorwurf zu sehen, sondern leider die bedauernswerte Realität in unserem Land), werde ich versuchen, in diese Unkenntnis ein wenig Licht zu bringen. Manche Sachen sind nicht leicht zu verstehen, manche gar nicht. Aber so ist das mit der Gesetzgebung und der Politik: sie müssen irgendwie zu einem tragbaren Ergebnis kommen, egal wie.
Die einzelnen Kapitel werden dann unter "Themen", "unser Gesundheitssystem" gelagert.
Die einzelnen Kapitel werden dann unter "Themen", "unser Gesundheitssystem" gelagert.
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