Freitag, 22. Januar 2010
's gibt Freiwild
der landarsch, 13:02h
Wer kennt sie nicht, die 6 Stufen der Planung:
1.Euphorie
2.Verwirrung
3.Ernüchterung
4.Suche nach den Schuldigen
5.Bestrafung der Unschuldigen
6.Belobigung der Nicht-Beteiligten
Wenn es um Arztsachen geht, treffen diese 6 Stufen (wie die folgende Begebenheit zeigt) in zunehmendem Maß auf die entsprechenden Gerichte zu, besonders Punkt 5!
Wie die Medical Tribune (eine Ärzte-Bildzeitung) berichtet, bekam kürzlich ein Hausarzt in Wiesbaden Ärger mit dem Strafrecht von wegen "Fahrlässiger Tötung".
Was war geschehen? Eine alte Patientin war - wie es aus Sparsamkeitsgründen heute immer häufiger üblich ist - am Freitag aus dem Krankenhaus in das Pflegeheim entlasssen worden, zu spät, als dass der beklagte Hausarzt rechtzeitig darüber informiert hätte werden können.
Die Pflegerin im Heim hat dann den Medikamentenplan des Krankenhausberichts in das Haus-Dokumentationssystem übertragen. Leider unterlief ihr ein gefährlicher Abschreibfehler, sodass die Patientin über eine Woche die 10-fache Dosis eines Medikaments bekam, woran sie - bedauerlicherweise - nach einer Woche verstarb.
Nun wehrte sich die der fahrlässigen Tötung angeklagte Schwester: Hätte der Hausarzt die Eintragungen im Dokumentationssystem überprüft, so hätte ihm der Fehler auffallen müssen. Ergo: der Hausarzt ist daran Schuld, obwohl er
a) nicht informiert war,
b) nicht vom Heim angestellt war (somit keine "Geschäftsbeziehung" zwischen ihm und dem Heim bestand) und
c) in den KH-Entlassungsunterlagen sowie in den schriftlichen Medikationsanweisung des Hausarztes, ebenso wie als Vermerk auf der Medikamentenpackung selbst die richtige Dosierung eingetragen war.
Nun hat aber die Staatsanwaltschaft nicht etwa den Hausarzt aus der Schusslinie genommen, sondern ihm im Gegenteil signalisiert, dass er nur durch Zahlung einer Geldbuße (also einem Schuldanerkenntnis!) einem eigenen Verfahren (mit entsprechender möglicher Rufschädigung) entgehen könne!
Da drängt sich einem schon der Verdacht auf, dass Ärzte von den Gerichten nur noch als Freiwild angesehen werden. Ein "Anfangsverdacht" gegen Ärzte besteht ja schon alleine deshalb, weil jede ärztliche Handlung am Patienten juristisch als "Körperverletzung" gilt, die nur durch das aktive Einverständnis des Patienten und die Einhaltung der wissenschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht strafwürdig ist.
Angesicht dieser Entscheidung und der Tatsache, dass auch mich meine Heime immer häufiger zwingen, die Haus-Dokumentationskladden selbst zu führen - als ob ich für den Patienten verantwortlich bin (ich bin es - juristisch genau genommen - nur für meine Handlungen, Entscheidungen und Empfehlungen, nicht aber für das, was der Patient oder seine Verantwortlichen daraus machen!) - muss ich mir schwer überlegen, ob ich die Betreuung meiner Heimpatienten nicht besser beende, da eine weitere Betreuung juristisch nicht erfüllbar ist .
1.Euphorie
2.Verwirrung
3.Ernüchterung
4.Suche nach den Schuldigen
5.Bestrafung der Unschuldigen
6.Belobigung der Nicht-Beteiligten
Wenn es um Arztsachen geht, treffen diese 6 Stufen (wie die folgende Begebenheit zeigt) in zunehmendem Maß auf die entsprechenden Gerichte zu, besonders Punkt 5!
Wie die Medical Tribune (eine Ärzte-Bildzeitung) berichtet, bekam kürzlich ein Hausarzt in Wiesbaden Ärger mit dem Strafrecht von wegen "Fahrlässiger Tötung".
Was war geschehen? Eine alte Patientin war - wie es aus Sparsamkeitsgründen heute immer häufiger üblich ist - am Freitag aus dem Krankenhaus in das Pflegeheim entlasssen worden, zu spät, als dass der beklagte Hausarzt rechtzeitig darüber informiert hätte werden können.
Die Pflegerin im Heim hat dann den Medikamentenplan des Krankenhausberichts in das Haus-Dokumentationssystem übertragen. Leider unterlief ihr ein gefährlicher Abschreibfehler, sodass die Patientin über eine Woche die 10-fache Dosis eines Medikaments bekam, woran sie - bedauerlicherweise - nach einer Woche verstarb.
Nun wehrte sich die der fahrlässigen Tötung angeklagte Schwester: Hätte der Hausarzt die Eintragungen im Dokumentationssystem überprüft, so hätte ihm der Fehler auffallen müssen. Ergo: der Hausarzt ist daran Schuld, obwohl er
a) nicht informiert war,
b) nicht vom Heim angestellt war (somit keine "Geschäftsbeziehung" zwischen ihm und dem Heim bestand) und
c) in den KH-Entlassungsunterlagen sowie in den schriftlichen Medikationsanweisung des Hausarztes, ebenso wie als Vermerk auf der Medikamentenpackung selbst die richtige Dosierung eingetragen war.
Nun hat aber die Staatsanwaltschaft nicht etwa den Hausarzt aus der Schusslinie genommen, sondern ihm im Gegenteil signalisiert, dass er nur durch Zahlung einer Geldbuße (also einem Schuldanerkenntnis!) einem eigenen Verfahren (mit entsprechender möglicher Rufschädigung) entgehen könne!
Da drängt sich einem schon der Verdacht auf, dass Ärzte von den Gerichten nur noch als Freiwild angesehen werden. Ein "Anfangsverdacht" gegen Ärzte besteht ja schon alleine deshalb, weil jede ärztliche Handlung am Patienten juristisch als "Körperverletzung" gilt, die nur durch das aktive Einverständnis des Patienten und die Einhaltung der wissenschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht strafwürdig ist.
Angesicht dieser Entscheidung und der Tatsache, dass auch mich meine Heime immer häufiger zwingen, die Haus-Dokumentationskladden selbst zu führen - als ob ich für den Patienten verantwortlich bin (ich bin es - juristisch genau genommen - nur für meine Handlungen, Entscheidungen und Empfehlungen, nicht aber für das, was der Patient oder seine Verantwortlichen daraus machen!) - muss ich mir schwer überlegen, ob ich die Betreuung meiner Heimpatienten nicht besser beende, da eine weitere Betreuung juristisch nicht erfüllbar ist .
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drgeldgier,
Freitag, 22. Januar 2010, 18:50
du böser, böser Arzt du
... das oder Ähnliches wirst Du dann hören, wenn Du so hartherzig bist und die Heimpatienten sitzen läßt.
Dein Bericht ist skandalös.
Dein Bericht ist skandalös.
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arboretum,
Freitag, 22. Januar 2010, 19:46
Hoffentlich hat der betroffene Arzt einen wirklich guten Anwalt. Abgesehen davon würde ich doch zu gerne mal von jenem Staatsanwalt wissen, wo im Gesetz geschrieben steht, dass der Hausarzt die Dokumentationskladden des Pflegeheims zu kontrollieren hat. Oder aus welchen Bestimmungen er diese Verpflichtung ableitet.
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d_in_ch,
Samstag, 23. Januar 2010, 18:16
...steh grad auf dem Schlauch....bin in der "klagenden-Pflegeseseite" zuhause...
Wieso wird diese Klage überhaupt angenommen?
Ganz klar, wenn ich etwas falsch übernehme/ abschreibe...ist das mein Problem - mit allen Konsequenzen.
Nebst dem, gibt es recht wenig Medikamente, bei denen eine 10-fach höhere Dosis nicht auffällig wäre.
Tip zur QM in dem Haus: Verordnungen von 2.PP kontrollieren lassen, oder auf PC umstellen.
Das der Doc "erst" nach über einer Woche dazukam, steht auf nem anderen Blatt.
Wieso wird diese Klage überhaupt angenommen?
Ganz klar, wenn ich etwas falsch übernehme/ abschreibe...ist das mein Problem - mit allen Konsequenzen.
Nebst dem, gibt es recht wenig Medikamente, bei denen eine 10-fach höhere Dosis nicht auffällig wäre.
Tip zur QM in dem Haus: Verordnungen von 2.PP kontrollieren lassen, oder auf PC umstellen.
Das der Doc "erst" nach über einer Woche dazukam, steht auf nem anderen Blatt.
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der landarsch,
Montag, 25. Januar 2010, 09:43
lt. Artikel (steht bei der Medical Tribune leider im Bereich, der nur für Ärzte zugänglich ist) war es MTX®. Das sollte 1½ Tbl. am Mittwoch (1x/Wo) gegeben werden. Die Schwester übernahm aber 7x/Wo 1 Tbl + ½ Tl. zusätzlich am Mittwoch.
Zugegeben, viele Pflegeheime tun sich schwer mit Medikamenten, die nicht täglich, sondern nur 1 oder 2x/Woche gegeben werden sollen oder die an ein oder zwei Tagen nicht gegeben werden sollen.
Dass so etwas nicht unbedingt auffällt habe ich - in schlimmeren Maß - sogar selbst erlebt: ich habe eine Patientin (87 Jahre) stationär eingewiesen. Wegen Schilddrüsen-Überfunktion bekam diese Pat. seit Jahren (gut eingstellt und regelmäßig kontrolliert) Thiamazol®10 mg. Ich habe zur Krankenhauseinweisung auch - damit nichts schief läuft - einen Medikamentenplan (Computerausdruck) beigefügt. Darauf stand klar und deutlich zu lesen:
"Thiamazol 10 mg, 100 Tbl, 1-0-0 ".
Die aufnehmende Assistenzärztin übernahm "Thiamazol 100 mg" und weil's das gar nicht gibt " = 5x20 mg"!
Weder der Assistenzärztin selbst, noch den Schwestern, noch Chef- oder Oberarzt (bei der Visite) ist das aufgefallen! Die Patientin wurde mit dieser Medikamenten-Empfehlung ("Thiamazol 20 5x1") vielmehr nach 1 Woche entlassen!
Im ersten Moment dachte ich dann auch "na, was ist denn hier los, braucht die jetzt so viel?" und verordnete die deutlich erhöhte Dosis. Erst in der Nacht kam es mir dann doch spanisch vor. Am nächsten Tag rief ich im KH an .... und wies die Patientin umgehend zur Überwachung ein.
Die Kollegin hatte wohl ein paar schlaflose Nächte, bis klar war, dass die alte Dame das totz alledem schadlos überstanden hat.
Zugegeben, viele Pflegeheime tun sich schwer mit Medikamenten, die nicht täglich, sondern nur 1 oder 2x/Woche gegeben werden sollen oder die an ein oder zwei Tagen nicht gegeben werden sollen.
Dass so etwas nicht unbedingt auffällt habe ich - in schlimmeren Maß - sogar selbst erlebt: ich habe eine Patientin (87 Jahre) stationär eingewiesen. Wegen Schilddrüsen-Überfunktion bekam diese Pat. seit Jahren (gut eingstellt und regelmäßig kontrolliert) Thiamazol®10 mg. Ich habe zur Krankenhauseinweisung auch - damit nichts schief läuft - einen Medikamentenplan (Computerausdruck) beigefügt. Darauf stand klar und deutlich zu lesen:
"Thiamazol 10 mg, 100 Tbl, 1-0-0 ".
Die aufnehmende Assistenzärztin übernahm "Thiamazol 100 mg" und weil's das gar nicht gibt " = 5x20 mg"!
Weder der Assistenzärztin selbst, noch den Schwestern, noch Chef- oder Oberarzt (bei der Visite) ist das aufgefallen! Die Patientin wurde mit dieser Medikamenten-Empfehlung ("Thiamazol 20 5x1") vielmehr nach 1 Woche entlassen!
Im ersten Moment dachte ich dann auch "na, was ist denn hier los, braucht die jetzt so viel?" und verordnete die deutlich erhöhte Dosis. Erst in der Nacht kam es mir dann doch spanisch vor. Am nächsten Tag rief ich im KH an .... und wies die Patientin umgehend zur Überwachung ein.
Die Kollegin hatte wohl ein paar schlaflose Nächte, bis klar war, dass die alte Dame das totz alledem schadlos überstanden hat.
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